Energetische Simulation des Gebäudes

Da im Energiekonzept für den Neu- und Erweiterungsbau des Büro- und Verwaltungsgebäudes der AS-Bau Hof die Gebäudetechnik eine große Rolle spielte, simulierten die Architekten von Lang Hugger Rampp zu Planungsbeginn mithilfe eines eigens geschaffenen virtuellen Raum-Modells (BIM-Modell) das thermische und energetische Verhalten des Gebäudes. Dies geschah in Kooperation mit dem Ingenieurbüro Hausladen. Besonders im Fokus standen geplante Maßnahmen zur Vermeidung von ungewollten Wärmeeinträgen oder Auskühlungen wie die sonnenstandsgeführte Verschattung sowie die natürliche und mechanische Fensterlüftung. Die Simulation berücksichtigte dabei, wie viele Personen zu welchem Zeitpunkt sich im Gebäude aufhalten und wie deren Lüftungsverhalten ist. Das Ergebnis der Simulation diente als Grundlage für die Ermittlung, wieviel Energie bzw. Strom produziert werden muss – zum Beispiel durch eine Photovoltaik-Anlage –, um in der energetischen Bilanz ein Plusenergiegebäude realisieren zu können.

Monitoring des Nutzerverhaltens zum Energieverbrauch

Basierend auf der energetischen Gebäudesimulation befassen sich seit Mitte 2021 wissenschaftliche Mitarbeiter*innen des Lehrstuhls für energieeffizientes und nachhaltiges Planen und Bauen von Prof. Dr.-Ing. Werner Lang an der Technischen Universität München mit dem Monitoring zum Nutzerverhalten in Bezug auf den Energieverbrauch. Geprüft wird in einem Zeitraum von zwei Jahren, ob die Messungen und das aktuelle Nutzerverhalten mit der vorab erstellten thermisch-energetischen Simulation übereinstimmen. Die Messtechnik entwickelten, realisierten und programmierten die Wissenschaftler*innen am Lehrstuhl selbst. Sie misst Raumtemperatur, CO2-Gehalt und Luftfeuchte. Angeschlossen ist die Box an zwei Wetterstationen auf dem Dach sowie an Mess-Elementen, die an den Fenstergriffen angebracht sind.

Weiterverwendung vorhandener Strukturen – Nutzung der Betonstruktur des Bestandsgebäudes

Das Erkennungszeichen des Bestandsgebäudes der AS-Bau Hof aus den 1970er-Jahren war Sichtbeton. Für das Hoch- und Tiefbauunternehmen ist dieses raue Material schon immer Markenzeichen und Identität. Nicht der einzige Grund, weshalb sich mit Susanne und Dr. Thomas Dick die zweite Generation des Familienunternehmens entschied, den Bestand, den noch der Vater und Firmengründer Dieter Dick von einem damals insolventen Unternehmen erworben hatte, zu erhalten und weiter zu nutzen. Auch energetische sowie ökonomische Aspekte sprachen für den Erhalt. Eine Varianten-Studie in der frühen Planungsphase resümierte, dass das Abreißen und neu Bauen mehr Kosten und Energie-Einsatz bedeutet hätte als den Bestand zu ertüchtigen und zu erweitern. So dient noch heute die alte Betonstruktur als Tragwerk des Bestandsbaus. Weiter liegt die ehemalige Kassettendecke frei und wurde gestalterisch mit Beleuchtungselementen neu inszeniert. Ebenso sichtbar legten die Architekten die ehemalige Außenfassade, indem sie zum Beispiel an den Fensteröffnungen alte Strukturen freilegten und neu interpretierten. Entstanden ist nach den Entwürfen der Architekten von Lang Hugger Rampp ein neuer Baukörper, der Alt- und Neubau in einer Großform miteinander vereint.

Energie- und CO2-neutral über den gesamten Lebenszyklus

Bereits vor der Planung des neuen Büro- und Verwaltungsgebäudes der AS-Bau Hof erforschten Wissenschaftler*innen der Technischen Universität München im Rahmen des Forschungsprojekts „Eco+Office AS-Bau Hof“, inwieweit ein lebenszyklusbasiertes treibhausgas-neutrales Plusenergiegebäude plan- und realisierbar ist, das sich darüber hinaus ökonomisch rechnet. Berücksichtigt wurde hierbei ein Lebenszyklus von 50 Jahren. Das Ergebnis zeigt unter anderem, dass die Energieerzeugung eine wesentliche Rolle spielt, um ein CO2-neutrales Plusenergiegebäude realisieren zu können, ebenso das Wiederverwenden schon vorhandener Ressourcen. Durch Weiternutzung des Bestandes ließen sich große Einsparungen der grauen Energie erzielen – also der Primärenergie, die für die Realisierung eines Gebäudes benötigt wird. Um den Plusenergie-Standard zu erreichen, ist es notwendig, bei der Energieerzeugung auf regenerative Energielieferanten (z.B. Photovoltaik) zurückzugreifen.

Modernste Gebäudeautomation

Das energieeffiziente Bürogebäude der AS-Bau Hof erfüllt neben höchsten Anforderungen an Klimaschutz auch die an Sicherheit und Komfort. Die integrierte Gebäudeautomation hat daran maßgeblichen Anteil. Sie steuert via KNX die Haustechnik mithilfe von Präsenzmeldern, Temperaturfühlern und vieles mehr. Der elektrobetriebene Sonnenschutz beispielsweise ist an die Gebäudeautomation angeschlossen, sodass sich die Lamellen dem Sonnenstand und dem Wärmeeintrag automatisch anpassen können. Damit die natürliche Fensterlüftung – und vor allem die Nachtauskühlung – auch ohne manuelles Bedienen funktioniert, sind im Obergeschoss Lüftungsklappen an das KNX-System angeschlossen, die sich automatisch öffnen und schließen lassen. Ebenso via KNX gesteuert werden die künstliche Beleuchtung sowie die Raumtemperaturen. Das rechnet sich auch ökonomisch.

Sonnenstandsgeführte Verschattung

Der grün-grau changierende Sonnenschutz, der das Gebäude umhüllt, ist eines der wesentlichen Gestaltungsmerkmale der neuen Fassade am Büro- und Verwaltungsgebäude der AS-Bau Hof. Im geschlossenen Zustand verdeutlicht er den massiven Charakter des gesamten Gebäudevolumens, geöffnet verleiht er dem Verwaltungsbau die Transparenz, die sich auch in der Unternehmenskultur widerspiegelt. Neben seiner ästhetischen Funktion trägt diese Verschattung auch wesentlich zur Energieeffizienz bei. Die etwa drei Meter hohen und nur 40 cm schlanken Lamellen aus pulverbeschichtetem Streckmetall folgen dem Sonnenstand automatisch. Dabei ermöglicht die Verschattung von Innen bestmögliche Ausblicke nach draußen. Im Inneren verschatten die Elemente die Büroräume optimal und vermeiden unnötige Aufheizung durch solare Einträge. Gesteuert wird der Sonnenschutz über die KNX-Gebäudeautomation, die mit einer Wetterstation auf dem Dach verknüpft ist. Gemessen werden dort unter anderem Windgeschwindigkeit, Temperatur, solare Einstrahlung sowie Niederschlag. Die Daten werden ins KNX-System eingespeist, sodass die Programmierung des Sonnenschutzes darauf mit der passenden Ausrichtung reagieren kann: Im Sommer bzw. bei hohen Temperaturen und bei hoher Sonnenstrahlung stehen die Lamellenflächen parallel zur Sonne, im Winter dagegen im 90-Grad-Winkel zur Fassade.

Außenansicht AS-Bau Hof Gebäude, sonnenstandsgeführte Verschattung
sonnenstandsgeführte Verschattung, geschlossen

Massivholz-Bau

Ergänzend zum Sichtbeton, der ein wesentliches Identitätsmerkmal des Hoch- und Tiefbauunternehmens AS-Bau Hof ist, unterstreicht der Einsatz des Werkstoffs Holz den Charakter eines modernen Unternehmens, das sich ebenso mit Klimaschutz, Ressourcenschonung und Energieeffizienz identifiziert. Im Obergeschoss sind sämtliche tragende Bauteile in Massivholz-Optik aus geschliffener Fichte ausgeführt. Auch andere Bauteile wurden gekonnt in Holzoptik inszeniert wie zum Beispiel die sehr tiefen Fensterlaibungen im Bestandsgebäude oder die Industrieparkettböden in den Besprechungs- und Gemeinschaftsräumen.

Sichtbeton-Schalung im EG

Die Wandgestaltung des Foyers im Erdgeschoss vereint das Nebeneinander von Sichtbeton und Holz, und metaphorisch betrachtet von Unternehmens-Historie und -Zukunft. Empfangen werden bei der AS-Bau Hof künftig alle Mitarbeiter*innen und Gäste in einem Raum aus außergewöhnlich stark strukturierten und haptisch angenehm warmen Sichtbeton-Wänden, an denen die handwerkliche Präzision der Holzbrett-Veredelung deutlich sicht- und spürbar ist. Insgesamt bleibt der gewünscht „roughe“, also raue und authentische Charakter des Hoch- und Tiefbauunternehmens erhalten. Durch die maschinelle Bürstung des Holzes sind die einzelnen Jahresringe des Baumes weiterhin erlebbar.

Verbindendes Atrium

Auch das Atrium fungiert als Bindeglied. In diesem Fall verbindet es Alt- und Neubau sowie das Erd- mit dem Obergeschoss. Es zeichnet sich durch Transparenz, Helligkeit sowie durch das Nebeneinander von Holz- und Stahl-Elementen aus. Im Erdgeschoss dominiert der Stahlbeton sowie ein Terrazzo-Sichtbeton-Bodenbelag. Eigens für das Gebäude entworfene, lamellenartige Akustikpaneele aus Holz und Flies im Obergeschoss sorgen für den nötigen Schallschutz sowie für eine ansprechende Optik des zentralen Verteiler-Raumes. Ein einerseits leicht anmutendes und gleichzeitig den rauen Charakter des Gebäudes prägende Stahl-Geländer dient als Absturzsicherung.

spürbarer/erlebbarer Bestand

Nachdem die Entscheidung gefallen war, das Bestandsgebäude zu erhalten, entwarfen die Architekten von Lang Hugger Rampp ein Konzept, um das Potenzial der „alten Mauern“ in Gänze ausschöpfen zu können. Allem voran machten sie sich die große vorhandene Speichermasse zugunsten der Energiebilanz zunutze. Im Hinblick auf die Gestaltung war auch schnell klar, dass der Bestand sicht- und erlebbar bleiben soll. Das zeigt sich an zahlreichen Stellen: Schon die Fassadengestaltung spielt mit Alt und Neu. Beide Gebäudeabschnitte werden zu einem großen Ganzen zusammengefasst. Dabei ist die Hauptstruktur des Bestandskörpers noch wahrnehmbar. Das gelingt mithilfe eines Sonnenschutz-Bandes aus beweglichen Lamellen, das beide Gebäudeabschnitte umhüllt. Dabei spiegelt das Gestaltungsprinzip des Altbaus – „unten offen, oben geschlossen“ – das des Neubaus – „unten geschlossen, oben offen“ wider.

Um den Bestand auch im Inneren sicht- und erlebbar zu machen, wurden einige Bauteile teils in ihrer Ursprünglichkeit belassen und ausschließlich dort, wo es nötig war, marginal bearbeitet, manche wurden aber auch bewusst neu veredelt oder inszeniert. So sind von innen die alten Bestandsaußenwände mit dem alten Schalungsmuster inklusive alter Stahlanker sichtbar. Sie erhielten lediglich einen staubbindenen Anstrich. Die alte Stahlbetonrippendecke liegt ebenfalls noch frei. Um deren Ästhetik zu unterstreichen, integrierten die Architekten im Erdgeschoss Leuchten ins Raster, im Obergeschoss hängen sie ähnlich proportioniert darunter. Die alte Stahlbeton-Treppe sowie die Fensterlaibungen mit ihrer stark ausgeprägten Wandtiefe wurden durch neue Holzbeläge bewusst betont.

Raumqualität/Licht

Licht – und vor allem Tageslicht – spielt in Büroräumen immer eine tragende Rolle. Um möglichst hohe Tageslichteinträge zu erreichen, wurden große Glasflächen realisiert, die auch Ausblicke nach draußen ermöglichen. Besonders herausfordernd waren bei der Lichtplanung die recht dunklen und mit 2,50 Meter lichter Höhe niedrigen Räume im Erdgeschoss des Bestandes. Viel indirektes Licht sowie helle Bauteile sorgen heute für eine optimale Ausleuchtung der Büroräume.

Dämmung

Um ein CO2-neutrales Plusenergiegebäude realisieren zu können, muss die Qualität der Dämmleistung hoch sein. Diese wichtige Grundlage erfüllt der Dämmstandard des Büro- und Verwaltungsgebäudes der AS-Bau Hof. Damit kann das Gebäude in Kombination mit der geplanten Photovoltaik-Anlage mehr Energie produzieren als verbrauchen. Ein Wärmedämmverbundsystem mit einem Kern aus Mineralwolle und einem ebenfalls mineralischen Oberputz umhüllt das gesamte Gebäude. Das mineralische WDV-System vereint ökologische Vorteile mit ökonomischen sowie mit einer effektiven Dämmwirkung. Darüber hinaus gilt es als nichtbrennbar. Verbaut wurden Dämmungen mit 26 cm Stärke in der Wärmeleitgruppe (WLG) 032 sowie mit 12 cm Stärke in der WLG 035.  An besonders großen Zwischenräumen wie bei den Fensteröffnungen im Bestand liegen die Systeme übereinander und kommen auf eine Dämmstärke von 38 cm.

Materialität

Sichtbeton, Stahl und Holz sind die dominierenden Materialien aller Bauteile des neuen Verwaltungsgebäudes mit seinem – einem Hoch- und Tiefbauunternehmens würdigen – rauen, Charakter. Beton und Stahl spiegeln die Identität der Unternehmens-Inhalte wider, Holz steht für ein modernes Unternehmen, das sich dem Klimaschutz verpflichtet hat. Unterstrichen wird der „roughe“ Charakter durch die sichtbare Technik sowie durch die raue Oberflächenbehandlung diverser Bauteile mit Ecken und Kanten. Der Gesamteindruck einer unprätentiösen und gleichzeitig kraftvollen Natürlichkeit hat seine Parallele in der Unternehmenskultur der AS-Bau Hof.

Fassadengestaltung

Bei der Fassadengestaltung thematisierten die Architekten die Lesart des Bestandsgebäudes „geschlossener Sockel, geöffnetes Obergeschoss“ und drehten dieses Prinzip für den Erweiterungsbau um. Hier zeigt sich die Gebäudehülle im Obergeschoss transparent und offen, im Erdgeschoss dagegen verschlossen. Ein dreidimensionales Fassadenband verbindet Bestands- und Erweiterungsbau optisch miteinander. Es wickelt sich mäanderförmig um die beiden Baukörper und fasst Alt- und Neubau gestalterisch zu einem großen Ganzen zusammen. Optisch prägt der umlaufende Sonnenschutz aus grün und grau gefärbten Streckmetall-Lamellen das Fassadenbild. Je nach Sonnenstand, Temperatur oder Windgeschwindigkeit passt sich die Verschattung automatisch an die Gegebenheiten zugunsten einer energieeffizienten Ausnutzung sowie zugunsten eines abwechslungsreichen Fassadenbildes an.

Außenansicht AS-Bau Hof Gebäude

Eigenleistung als Bau-Unternehmen

Ein Dialog auf Augenhöhe und gegenseitige Aufgeschlossenheit prägten das Bauvorhaben des Büro- und Verwaltungsgebäudes der AS-Bau Hof von Beginn an. Die Architekten von Lang Hugger Rampp zeichneten verantwortlich für die Leistungsphasen 1 bis 7, die Leistungsphase 8 „Objektüberwachung“ übernahmen die Bauherren selbst. Das stand schon vor Baubeginn fest. Ebenso realisierte die AS-Bau Hof auch Aushub sowie den kompletten Rohbau – eine Selbstverständlichkeit für ein Unternehmen mit Kernkompetenz in der Baurealisierung. Außerdem übernahm der Bauherr sämtliche Arbeiten rund um das Betonieren – darunter auch das Stellen der Schalungswände –, Durchbrüche, Fundament, Grundleitungsbau, Entwässerungsleitungen, Dränagen etc. Ebenso realisierten sie auch die Außenanlagen.

Regionalität

Während die Architekten aus München stammen, beauftragten die Verantwortlichen der AS-Bau Hof alle anderen Partner aus der Region für die Elektro- und TGA-Planung sowie für die Holzbau-, Schreiner, Schlosser-, Trockenbau- und Fassadenbauarbeiten. Die Erfahrung der Verantwortlichen der AS-Bau Hof zeigte, dass auf dem Land die Handwerksqualität sehr hoch ist. Ein weiterer Vorteil der Zusammenarbeit mit Partnern aus der Region ist eine gute Abstimmung. Wenn möglichst viele Projektbeteiligte schnell und flexibel vor Ort sind, lassen sich auch unvorhergesehene Herausforderungen besser bewältigen. Ein weiterer Aspekt ist die Bindung der einzelnen Handwerksbetriebe an das Unternehmen AS-Bau Hof. Gute Zusammenarbeit setzt man schließlich gerne fort.

Gleichberechtigung der Nutzer

Von außen zeigen sich Bestand und Erweiterungsbau des Büro- und Verwaltungsgebäudes der AS-Bau Hof wie ein einziger Neubau. Innen dagegen sind Alt- und Neubau bewusst erlebbar. Architekten und Bauherren achteten bei der Umsetzung sehr genau darauf, dass dabei die Raumqualitäten der einzelnen Büroräume überall gleichwertig sind in Bezug auf Komfort, Größe, Behaglichkeit und Aufenthaltsqualität. Diese Priorität beeinflusste vor allem das Raumprogramm: So befinden sich sämtliche Gemeinschaftsflächen und Besprechungsräume im Neubau.